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21. Juni 2021

Fußball als Gleichnis

Impuls von P. Josef.

Die Fußball-Europameisterschaft bewegt auch „hinter Klostermauern“ Mitbrüder, obwohl sie eigentlich Sport-Muffel sind. Beim Frühstück erkundigen sich die einen, wie die Spiele ausgegangen sind, andere erzählen „fachmännisch“ von entscheidenden Spielszenen. Sie finden es faszinierend, was die Spieler mit dem Ball machen, wie sie mit unglaublichem Tempo sprinten und wie völlig leicht das Balldribbeln aussieht – und wie ein gutes Zusammenspiel zum Sieg führt.

Ich erinnere mich in diesen Tagen an die eigene „Fußball-Vergangenheit“. Im Studienhaus Kolleg St. Benedikt (Salzburg) spielten wir als „Jung-Benediktiner“ bei der Hallenmeisterschaft der Universität Salzburg mit; die Höhepunkte waren die „internationalen“ Spiele. P. Andreas (Scheyern) und P. Josef (Kremsmünster) überzeugten den Rektor des Kollegs St. Benedikt von der Notwendigkeit neuer Dressen. P. Rektor bezahlte aus dem Kulturbudget 😉!

Auf  dem damaligen Mannschaftsfoto sind einige bekanntes Gesichter - auf den ersten Blick vielleicht nicht mehr zu erkennen  😊: Abt Ambros, P. Gotthard und P. Josef.

Fußball Jungbenediktiner Team 1976 2

„Es gibt nichts Sinnloseres als Fußball, außer Nachdenken über Fußball“, soll der Schriftsteller Martin Walser einmal gesagt haben. Das klingt provokant und lenkt den Blick auf Wesentliches. Und so möchte ich in diesen Tagen über Fußball nachdenken.

Aus Fußball ist weit mehr als ein Geselligkeitsspiel geworden: Fußball wird zu einer Parallelwelt mit eigenen Gesetzen: das Spielfeld wird geweihter Boden, Mittelfeldstrategen werden zu Fußballgöttern und Torwarte zu Titanen. Fans pilgern in die Stadien, die Kathedralen und Fußball-Tempeln gleichen. Die Fußballhymne „You never walk alone“ klingt wie ein Choral und erinnert an Gottes Verheißung, den Menschen nie alleinzulassen.

Fußball als Gleichnis

Fußball ist für mich ein Gleichnis für das Leben und für die Suche nach Gott. Gleichnisse aus dem Fußball würden Jesus gefallen. Fußballspielen ist uns nicht in die Wiege gelegt. Geduldig muss trainiert werden, Oberschenkel, Bein und Fuß zu kontrollieren, zugleich zu laufen und etwas zu treten, ohne umzufallen – nicht allein, sondern im Team. Das ist mühevoll, mit manchen Rückschlägen verbunden und faszinierend.

Die Kunst des Scheiterns

Der Fußballphilosoph Dirk Schümer hat einmal gesagt: Fußball sei die „Kunst des Scheiterns“. Was so fasziniere, sei die „Differenz zwischen dem zu erwartenden Scheitern und dem unwahrscheinlichen Gelingen“. Wir warten auf Ballkombinationen, die klappen, und grandiose Momente, in denen für Bruchteile von Sekunden die Welt so aussieht, als sei sie voller Sinn, Beherrschbarkeit und Leichtigkeit. Dabei ist doch der Fehler die Regel. Und ein Revanche-Foul kann auch mal so entschuldigt werden: „Ich wollte den Ball treffen, aber der Ball war nicht da.“

Ein Mensch, der Gott sucht, ist vergleichbar mit einem Fußballer im Trainingslager für ein Turnier. Beide haben ein klares Ziel vor Augen. Beide brauchen ein Training, das zu ihnen passt; einen Trainer, der sie genau kennt. Bei dem einen steht der Trainer an der Außenlinie und ruft die Anweisungen ins Spielfeld. Bei dem anderen spricht er mit einer Stimme in deinem Inneren. Das muss man trainieren, diese Stimme überhaupt zu hören.

Parallelen zum Leben 

Ein Fußballspiel, auch ein verlorenes, hat die Energie, nach der Niederlage bereits vom nächsten Sieg zu träumen. Wie im Fußball finden wir auch im Glauben erst wieder über den Kampf ins Spiel zurück. Und der Prophet Jesaja verheißt uns eine Kraft, die von Gott kommt und uns verwandelt, wenn er sagt: „Die Jungen werden müde und matt, junge Männer stolpern und stürzen; aber die auf den HERRN hoffen, empfangen neue Kraft, wie Adlern wachsen ihnen Flügel. Sie laufen und werden nicht müde, sie gehen und werden nicht matt“ (Jes 40,30-31).