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Geschichte und Konzept

Von der Ritterakademie zum Bau der Sternwarte

Im Jahr 1744 bestätigte die Erzherzogin Maria Theresia
die Gründung einer Ritterakademie in Kremsmünster, die der schulischen Tradition des Stiftes eine neue Facette hinzufügte. Im Sinne der Frühaufklärung erhielten hier Adelige eine Grundausbildung für ihre spätere Aufgabe als Grundherren, indem sie sich anstelle der Kavalierstour an einem Ort die wesentlichen Kenntnisse im Bereich der Sprachen, Technik, Kunst und Wissenschaft aneignen konnten.
Die Portraits im Stiegenhaus und in einigen Kabinetten erinnern an die Studenten der Akademie und machen den Einfluss dieser Institution auf die Sternwarte deutlich.

 

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Die Ritterakademie bot dem Stift die Möglichkeit, wissenschaftliche Kompetenzen zu bündeln und
zu aktivieren, etwa in der Pflege der Astronomie. Die Entstehung dieser wissenschaftlichen Institution nahm man zum Anlass, bereits bestehende Sammlungen in einem eigenen Museumsgebäude neu zur Aufstellung zu bringen und entsprechend der aufgeklärt-enzyklopädischen Prinzipien zu ordnen. Außerdem sollten ein astronomisches Observatorium, eine Wetterstation zur Klimabeobachtung und Werkstätten, nicht zuletzt zum Bau eigener wissenschaftlicher Instrumente, eingerichtet werden. Zur Realisierung dieses Vorhabens konsultierte 
Abt Alexander Fixlmillner den bayrischen Benediktiner P. Anselm Desing aus dem Kloster Ensdorf in der Oberpfalz, der in Salzburg als Professor u. a. für Mathematik, Ethik und Geschichte wirkte. Daraufhin übernahm Desing die architektonische Planung und Konzeption der Kremsmünsterer Sternwarte. Nachdem der zunächst angedachte Standort am Brückentor aus statischen Gründen verworfen werden musste, begannen die Bauarbeiten im Jahr 1749 zwischen Konvent- und Hofgarten, östlich der schon bestehenden Stiftsgebäude. Wie suspekt der aufgeklärte Baueifer der ansässigen Bevölkerung war, verdeutlichen die Kommentare zu einem Teileinsturz des Gebäudes am 23. Mai 1755: Die Marktbevölkerung höhnte, dass nun „dieser Turmbau zu Babel“, der Stöffel im Eck, endlich zu Fall gekommen sei. Abt Alexander hielt dennoch am Bau fest und gab zur Antwort, dass er diesen Einsturz zwar als Zeichen Gottes deute, doch so, dass die Arbeiter aus dem Markt wohl noch länger Arbeit hätten. Im Wesentlichen waren die Arbeiten 1758 abgeschlossen, die Inneneinrichtung zog sich noch über die folgenden Jahre hin, so wurde die Decke im vierten Stock erst 1768 stuckiert. Bereits im Jahr 1764 verfasste P. Laurenz Doberschitz die erste Beschreibung des „Mathematischen Thurnes“.

Zum Lob des Höchsten – Konzept der Sternwarte

Wenn sich auch im Laufe der Jahrhunderte die Sammlungen und ihre Aufstellung in der Sternwarte weiterentwickelt und verändert haben, so ist doch das ursprüngliche Konzept eines Universalmuseums noch heute sichtbar. Die Inschrift über dem Eingang „Zum Lob des Höchsten“ gibt das Ziel der Sternwarte an, das sich über die Stockwerke bis zum Kapellenzimmer im siebten Stock entfaltet und den Turm damit zu einer sprechenden Architektur macht. Nach der Beschreibung von Doberschitz verbindet die Sternwarte die Naturalia mit Objekten aus Flora und Fauna, die Artefacta mit Gemäldegalerie, Kunstgewerbesammlung und Türkenbeute und die Scientifica mit mathematischen und physikalischen Apparaten sowie den astronomischen Beobachtungsinstrumenten. Die drei von Franz Xaver Keller 1779 geschaffenen Figuren des Ptolemäus, Tycho de Brahe und Johannes Kepler im Stiegenhaus stellen den Fortschritt der astronomischen Wissenschaft dar. Dieser führt vom geozentrischen Weltbild des Ptolemäus, über de Brahe, der als exakter Beobachter ein eigenes Planeten-Modell entwickelte, bis Johannes Kepler, der basierend auf den Daten de Brahes wichtige Gesetzmäßigkeiten im heliozentrischen Weltbild des Kopernikus in den Keplerschen Gesetzen beschrieb.

Die Konzeption der heutigen Aufstellung

Im Wesentlichen geht die heutige Sammlungsordnung auf eine Neuaufstellung in der Vorbereitung des 1200-Jahr-Jubiläums des Stiftes 1977 zurück.

Am ursprünglichen Platz im ersten Stock befindet sich das „Wetterkammerl“, das seit 1762 bis heute als meteorologische Beobachtungsstation dient und damit auf eine über 250-jährige Messreihe an konstantem Standort zurückzublicken kann – für die Klimaforschung eine wertvolle Quelle.

In den seitlich angrenzenden Kabinetten haben
die geologischen, paläontologischen und prähistorischen Sammlungen Aufstellung gefunden. Dazu gehört die Sammlung Valenta von oberösterreichischen Mineralien. Besonders
zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die paläontologische Sammlung von P. Leonhard Angerer gefördert. Ältere Objekte wie die 1645 bei Krems aufgefundenen Mammutknochen waren schon vor dem 18. Jahrhundert in die Sammlungen aufgenommen worden, aus der ab1881 erforschten Lettenmayrhöhle in Kremsmünster stammen die Höhlenbärenknochen.

Den Grundstock des mineralogischen Kabinetts im zweiten Stock bildet die 1782 angekaufte Sammlung des Roger von Rutershausen. Noch heute werden die Mineralien der Sternwarte
in den klassizistischen Kästen präsentiert, die Abt Erenbert Meyer für die Abtei anfertigen ließ, wo sich die Stücke ursprünglich befanden. Im Jahr 1803 übersiedelten sie in die Sternwarte, deren Sammlung mittlerweile auf mehr als zwölftausend Objekte angewachsen ist.

Im dritten Stock hat das physikalische Kabinett seine Aufstellung gefunden, das wohl am deutlichsten die Doppelfunktion der Sternwarte als Forschungs- und Vermittlungsanstalt dokumentiert. Maschinenbaumodelle des 18. Jahrhunderts und elektrostatische Demonstrationsobjekte des 19. Jahrhunderts befinden sich hier ebenso wie Mess- und Beobachtungsgeräte, die für den Wissenschaftsbetrieb der Sternwarte erworben wurde oder zum Teil von den hauseigenen Mechanikern hergestellt wurden.

Die zoologische und botanische Sammlung wird heute im vierten Stock präsentiert. Der große und helle Hohe Saal nimmt die gesamte Grundfläche der Sternwarte ein. An seiner Decke stellen allegorische Figuren des Stuckateurs Josef Ignaz Holzinger (1768) die Wissenschaften und Künste dar. In diesem Saal war bis 1880 die Gemäldesammlung des Stiftes untergebracht, bevor sie in die alte Abtei südwestlich der Stiftskirche im 2. Stock übersiedelte. Anstelle der 439 von Doberschitz aufgelisteten Gemälde fanden Stopfpräparate heimischer und exotischer Tiere hier ihren Platz. Seit der Neuordnung des 20. Jahrhunderts wird auch ein kleiner Teil der botanischen Sammlung in diesem Raum gezeigt. Neben Wachsmodellen und Aquatintazeichnungen des 19. Jahrhunderts ist besonders die Xylothek hervorzuheben, eine Sammlung von Buchbänden, die jeweils einem Baum gewidmet und aus dessen Bestandteilen zusammengefügt sind. Zu nennen ist außerdem die Sammlung von Glasmodellen aus der Werkstatt der Brüder Leopold und Rudolph Blaschka aus Dresden, sowie eine Gelegesammlung heimischer Vögel.

Die im fünften Stock ausgestellten Objekte setzen die ursprüngliche Tradition der Artefaktensammlung fort, heute jedoch unter volkskundlichen und ethnologischen Gesichtspunkten. Oberösterreichisches Brauchtum und Volksfrömmigkeit treten neben archäologische und ethnologische Objekte wie eine ägyptische Mumie oder römische Münzfunde im Kremstal.

Der sechste Stock beherbergt das astronomische Kabinett, das schon in der Anfangszeit der Sternwarte hier eingerichtet wurde und heute
die wichtigsten Instrumente der mathematischen
und astronomischen Tradition in Kremsmünster vereinigt. Der astronomische Tisch von 1590, eine Steinätzarbeit, zeigt den christlichen Kalender der Heiligen mit den Tierkreiszeichen
und bietet die Möglichkeit zur Berechnung
von Kalendertag und zugehörigem Wochentag.
Die größte private Globensammlung Österreichs veranschaulicht den Erkenntniszuwachs vom 17.
bis zum 19. Jahrhundert. Sextanten, Quadranten und Fernrohre, wie die sog. Kometensucher aus dem 19. Jahrhundert weisen auf die lange Tradition astronomischer Studien in Kremsmünster hin, das in ganz Europa wissenschaftliche Kontakte pflegte. Dazu gehört auch ein Sextant aus dem 17. Jahrhundert, der Johannes Kepler gehört haben dürfte. Der rote Meridianstreifen im Bodenpflaster diente zur Erstvermessung der geographischen Breite des Observatoriums. Auch im beginnenden 19. Jahrhundert war die Sternwarte an Vermessungstätigkeiten beteiligt, so dass im Jahr 1809 dem Stift gegenüber auf dem Gustermayrberg, von dem aus sich die ganze Region gut überblicken lässt, ein Koordinatenursprungspunkt des damals aufzunehmenden österreichisch-böhmischen Katasters gewählt wurde.

Das bereits erwähnte Kapellenzimmer im siebten Stock bildet in der Konzeption des 18. Jahrhunderts den Abschluss und Zielpunkt des wissenschaftlichen Arbeitens im Kloster. Die Altarnische verbindet in ihrer ikonografischen Konzeption von Altarbild und Antependium die klösterliche Astronomie mit der christlich monastischen Tradition. Der auf dem Altarblatt dargestellten kosmischen Vision des Ordensvaters Benedikt, in der er in einem Augenblick die ganze Welt wie einem einzigen Sonnenstrahl gezeigt bekommt, wird auf dem Antependium die Deutung der Finsternis während der Kreuzigung Christi gegenübergestellt. Die mittelalterliche Tradition verstand dieses Ereignis als Sonnenfinsternis, die der erste „christliche“ Astronom Dionysius Areopagita in Heliopolis in Ägypten beobachtet haben soll. Der Raum beherbergt heute neben einem Modell und Entwürfen für den Bau der Sternwarte auch ein Portrait des Bauherrn, Abt Alexander Fixlmillner, das ihn mit der Stiftungsurkunde Maria Theresias für die Ritterakademie zeigt.


Wissenschaftliche Beobachtungen

Wetteraufzeichnungen
 
Am ursprünglichen Platz im ersten Stock befindet sich seit 1762 bis heute das „Wetterkammerl“. Es macht die Sternwarte zu einer meteorologischen Beobachtungsstation mit einer über 250-jährigen Messreihe an konstantem Standort.
 
Die mehrmals täglich erhobenen Daten werden der ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik) in Wien übermittelt.
 

Seismografische Messungen

Seit mehr als 120 Jahren werden in der Sternwarte Erdbeben unter anderem auf fotografischem Weg aufgezeichnet. Nach längerer Unterbrechung wurde 1952 ein neuer Seismograph aufgestellt, der 1973 erneuert und schließlich zuletzt im Oktober 2019 ersetzt wurde. Der aktuell in Verwendung befindliche Breitband-Seismograph ist online im Netz der ZAMG verknotet. Noch heute werden auf diese Weise Erdbeben in aller Welt registriert.

Darüber hinaus gibt es weitere wissenschaftlichen Aktivitäten in der Sternwarte.

 

 

Wissenschaftliche Anfragen

Bei wissenschaftlichen Anfragen wenden Sie sich bitte an:

Direktor der Sternwarte
Mag. Dr. Pater Amand Kraml

Eine umfassende Beschreibung ausgewählter Objekte, Sammlungsgeschichte der Sternwarte und Wissenwertes rund um die Sternwarte entnehmen Sie bitte folgender Seite: www.specula.at