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"Auf die Stimme des Hirten hören" Gebetswanderung

Unter dem Motto „Sei Bereit!“ hat sich am Freitag Abend, den 10. Mai 2019, anlässlich des Weltgebetstages um geistliche Berufungen eine Gruppe engagierter Katholiken auf den Weg vom Schacherteich nach Heiligenkreuz bei Kremsmünster gemacht, um für dieses wichtige Anliegen der Kirche zu beten.

Bei schönstem Sonnenschein führte der Gebetsweg durch die frühlingshafte Natur. In Heiligenkreuz angekommen wurde in der Kirche unter der Leitung von Abt Ambros und vielen Konzelebranten Messe gefeiert, musikalisch begleitet und gestaltet von einem Team um Prof. Theresia Obermair aus unserem Stiftsgymnasium. Die Predigt hat mit Frater Anselm Demattio der jüngste Mönch aus dem Stift gehalten; es ging um das Hören auf die Stimme des guten Hirten Jesus Christus und seinen Weg ins Kloster. Den Text dieser Predigt finden Sie nach den Bildern.

Beten wir gemeinsam Herrn um Arbeiter für seine Ernte.

Predigtgedanken von Frater Anselm Demattio – Gebetswanderung Schacherteich 10. Mai 2019

Liebe Schwestern und Brüder, oder besser liebe Herde Jesu!

Im zehnten Kapitel des Johannes-Evangeliums, aus dem wir eben einen kurzen Abschnitt gehört haben, beschreibt Jesus mit dem Bild von der Herde und dem Hirten seine Beziehung zu uns. Es ist die Rede von Schafen, deren Leben gefährdet ist, und von Lohnknechten, die die Herde allein lassen, wenn Räuber oder der Wolf kommen. Jesus dagegen stellt sich als den guten Hirten vor, der für seine Herde da ist, und so weit geht, für sie sein Leben einzusetzen, um ihr das Leben zu ermöglichen. Es ist ein inniges Miteinander, Hirt und Herde kennen sich – vor allem an der Stimme –, sind miteinander tief vertraut. Die Schafe hören auf die Stimme des Hirten und folgen ihm. Ihnen wird es gut gehen, ja ewiges Leben wird ihnen verheißen, niemals werden sie zu Grunde gehen. Ein Vorgeschmack dafür, was das konkret bedeuten kann, war unser Weg bei der wunderbaren Abendsonne durch die Natur des Frühlings vom Schacherteich hierher nach Heiligenkreuz und ist jetzt unsere Eucharistiefeier.

Einige Verse vor unserer Stelle fasst Jesus es so zusammen: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben!“ Was für eine Verheißung! Mich berührt dieser Satz jedes Mal, wenn ich ihn höre, denn er begleitet mich als mein Taufspruch schon sehr lange. Echte Lebendigkeit und Freude möchte uns Jesus schenken, dazu lädt er uns ein und ruft uns – jeden von uns; er als Hirt, wir als seine Herde.

Es ist die Erfahrung des Weges mit Gott, der schon im Alten Testament als Hirte beschrieben wird, etwa im Psalm 23 mit den starken Bildern vom Wasser und den grünen Auen. Die Lesung aus der Offenbarung greift das auf, wenn sie vom Lamm sagt, dass es die große Schar aus allen Stämmen und Sprachen „weiden und zu den Quellen führen“ wird (Offb 7,17).

Auf die Stimme des Hirten zu hören und ihm vertrauensvoll auf die Weide nachzugehen, auch wenn der Weg einmal durch Dunkelheiten führt, wie das im Psalm 23 ja der Fall ist, mit diesem Bild kann man - so denke ich – beschreiben, was der Begriff „Berufung“ meint. Es heißt, Antwort zu geben auf den je eigenen Ruf an uns.

Zum Weltgebetstag für geistliche Berufungen unter dem Motto „Sei bereit“ erinnert uns die Kirche, die große Herde, auf die Stimme des Hirten Jesus Christus in unserem Leben zu hören und seinem Ruf dort Raum zu schaffen. So kann ein Klima entstehen, in dem insbesondere geistliche Berufungen wachsen können; beten wir darum, dass der Hirt für seine Herde Frauen und Männer berufe, ihm als Ordensleute oder Geweihte nachzufolgen und zu dienen.

Es ist – denke ich – dies ein Weg des Vertrauens und Hinhörens, ein besonderer Zugang zum Leben, das Christus schenkt. Mit „besonders“ meine ich hier nicht „exklusiv“ oder „höherwertig“, sondern eher „anders“ oder „eigen“, mit einer speziellen Aufgabe, nämlich in der Sendung für andere in der bestimmten Weise des Dienstes der Kirche, die Liebe und Hingabe des guten Hirten Christus sichtbar zu machen. Oder wie Paulus schreibt „Diener“ bzw. „Helfer“ der Freude für die Menschen zu sein und das Wort Gottes zu verkünden (2 Kor 1,24).

Die Rede vom Hören auf die Stimme des Hirten erinnert mich an eine Stelle der Benediktsregel, die mich immer wieder zum Nachdenken anregt. Dort heißt es: „Der Gehorsam ist die Haltung derer, denen die Liebe zu Christus über alles geht“ (RB 5,2), denn – wie es dann an einer anderen Stelle (vgl. RB 72,11) heißt – „Christus sollen die Mönche überhaupt nichts vorziehen.“ Ganzhingabe an den Herrn und die Menschen aus dem Hinhören auf die Stimme des Hirten – das macht vielleicht das Spezifische der geistlichen Berufung aus. Die große Herde der Kirche braucht sie, um ihre Aufgabe zu erfüllen, die in der Lesung aus der Apostelgeschichte als Zitat aus dem Propheten Jesaja so beschrieben ist: „Ich habe dich zum Licht für die Völker gemacht, bis ans Ende der Erde sollst Du das Heil sein“ (Apg 13,47)

Einer, der beispielhaft das Heil in der Kreuzesnachfolge bis ans Ende der Erde getragen hat, ist der heutige Tagesheilige P. Damiaan de Veuster, der wohl für die meisten von Ihnen eher ein Unbekannter sein dürfte. Dieser belgische Ordensmann, geboren 1840 in einem Dorf zwischen Antwerpen und Brüssel, ging mit 23 Jahren als Missionar der Kongregation von den hll. Herzen Jesu und Mariens nach Hawaii, um das Evangelium zu verkünden. Ab 1873 kümmerte er sich auf der Insel Molokai um die dort lebenden Lepra-Kranken und Ausgestoßenen, bis er 1889 selbst an der Krankheit starb. Warum ich das erzähle?

Vor meinem Klostereintritt habe ich ein Jahr in der Stadt Löwen, in Belgien studiert, und eben dort ist der Heilige P. Damiaan in seine Ordensgemeinschaft eingetreten und dort liegt er auch begraben. Während meiner Zeit in Löwen hat mich oft die Frage beschäftigt, wie ich nach dem Studium weitermachen solle – ich war schon fast fertig – und ob mich nicht der Herr in seinen Dienst als Ordensmann und Priester rufe. In dieser Zeit also in Löwen war ich regelmäßig in der Kirche von P. Damiaan zu Gebet und Anbetung. Dabei habe ich immer wieder Ermutigung und die Nähe des Herrn spüren dürfen, Erfahrungen, die mich nicht losgelassen haben und durch die auch eine Beziehung zum hl. Damiaan gewachsen ist. Da hat mich etwas nicht losgelassen, der Wunsch nach einer tiefen Lebendigkeit, nach einem anderen Weg, einem Lebensweg, bei dem Gott in der Mitte steht, ein Wunsch, der sich auch schon in den Jahren vor Löwen immer wieder gemeldet hatte.

Nach dem Ende des Studiums und zurück aus Belgien hat es dann noch ein wenig gedauert, bis ich mir nach der Primiz eines guten Freundes an Pfingsten 2017 gedacht habe, jetzt probierst du es auch, jetzt lässt du dich auf diesen Weg ein. Ein Weg, auf dem ich trotz aller Herausforderungen und Schwierigkeiten in der Gemeinschaft meiner Mitbrüder schon viel Freude, tiefe Begegnungen und Lebendigkeit mit Gott erfahren durfte. Ich denke, es ist letztlich das einzig wirklich Erfüllende, dem je eigenen Ruf von Gott nachzugehen.

Da ist es doch ein schöner Zufall, dass wir diese Gebetswanderung nach Heiligenkreuz zum Weltgebetstag um geistliche Berufungen gerade am Tag des heiligen Damiaan gemacht haben.

Jesus, der gute Hirte, leitet und begleitet uns, seine Herde, ruft und beruft uns, seine Schafe, ihm vertrauensvoll zu folgen – jeden Tag aufs Neue. Hört sich das nicht irgendwie zu einfach an oder zu abstrakt? Denken Sie sich vielleicht so am Ende der Predigt, dass das zwar theoretisch alles ganz gut klingt und sich schön anhört, aber im eigenen Leben und Umfeld davon praktisch wenig spürbar ist? Statt dessen Unfriede, Probleme in uns, in unseren Beziehungen, Streit, Skandale in der Kirche?

Ja, sie gibt es, und auch die Bibel weiß um sie; sie übertönen immer wieder kräftig die leise Stimme des Hirten und drohen uns blind und taub zu machen für das, was uns im Leben an Leben in Fülle geschenkt wird und geschenkt werden möchte. Hätte ich – und da wird es ihnen wohl genauso gehen - aber nicht trotz des Unfriedens und Lärms der Welt immer wieder diese Erfahrung mit dem Hirten gemacht, ich und sie, wir wären jetzt wohl nicht hier. Haben wir also Mut zu Vertrauen und Beziehung zum Herrn und den Mitmenschen, zum Hinhören und Einlassen, denn er geht mit uns.

Beten wir, sehende und hörende wache Menschen zu werden, österlich–neu–lebendig, beten wir darum, dass uns der Herr Menschen senden möge, die sich ihm auf dem geistlichen Weg ganz hingeben und unter uns zu Zeugen seiner Liebe und des Lebens, das er selbst ist, werden!

Amen.

Fotos: Frater Philipp Wögerbauer