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21. März 2022

"Vom rechten Maß"

Predigt von Abt Ambros beim Gottesdienst mit der Schulgemeinschaft zum Hochfest des Heiligen Benedikt.

"Ich wünsche Dir, dass Du einmal gut balancieren kannst!"

Diese Worte aus einem Kindermund bringen das, was der Hl. Benedikt mit dem rechten Maß meint, gut zum Ausdruck. So beginne ich heute mit einer Erzählung von einer Taufe, bei der die Mitfeiernden anstelle der Fürbitten Wünsche für den Täufling formulieren durften. Es war die Taufe des vierten Kindes einer Familie und die jüngste Schwester sprach bei der Fürbitte den Wunsch aus: „Ich wünsche Dir, dass Du einmal gut balancieren kannst.“

Warum sagte sie das? Sie selber war so stolz darauf, dass sie auf Spielgeräten oder Baumstämmen gut balancieren konnte. Das machte ihr sehr viel Freude und das wünschte sie auch ihrem kleinen Bruder.

Gut balancieren können ist eigentlich ein Wunsch für das ganze Leben – ein Lebenswunsch. Das Wort Balance erinnert uns an eine Waage mit zwei Schalen. Wir kennen viele Arten von Waagen. Ich denke an die Fischwaage, die in unserem Fischkalter aufgestellt ist. Auf der einen Seite ein Netz für die Fische, auf der anderen Seite die Gewichte. Ich denke auch an eine Küchenwaage und erinnere mich zurück, als meine Mutter Kuchen backte und auf der Küchenwaage alles abgewogen hat. Heute gibt es viele elektronische Waagen, die das Gewicht elektronisch anzeigen. Eine Waage zeigt das Gleichgewicht an. Es ist die Aufgabe einer Waage, im Lot zu halten und je nach Bedarf, das eine oder andere mehr gewichten.

Das rechte Maß - "Mutter aller Tugenden"

Der Heilige Benedikt spricht in seiner Regel vom rechten Maß. Er gibt diesem rechten Maß sogar eine besondere Auszeichnung und nennt sie „Mutter aller Tugenden“ (RB 64,18). Dem Abt trägt Benedikt auf: „So halte er in allem Maß, damit die Starken finden, wonach sie verlangen, und die Schwachen nicht davonlaufen.“ Benedikt meint damit nicht eine Mittelmäßigkeit, sondern einen guten Weg der Mitte.

Das war dem Hl. Benedikt sehr wichtig, daher hat man später seine Regel zusammengefasst mit „Ora et Lobora“, mit „Bete und Arbeite“. Ausgewogen soll das Leben der Mönche sein. In den letzten Jahren gab man zu „Ora et Labora“ noch „Lege“ dazu. Bete, Arbeite und Lese, Denke nach, Meditiere. Benedikt ist das Lesen ein großes Anliegen, vor allem das Lesen der Heiligen Schrift.

Balancieren kann man lernen, wie uns die Geschichte vom Kind verdeutlicht. Trotzdem wird es im Leben immer wieder darum gehen, das rechte Maß und eine tragfähige Balance zu finden.

"Ora", Beten steht für die Beziehung zu Gott, steht für unseren Glauben an Gott und will, dass wir unser Herz nicht nur an alles möglich hängen, sondern auch Gott seinen Platz bei uns einräumen.

"Labora", Arbeiten steht für die konkrete Aufgabe eines jeden, die einfach zu tun ist. Für euch Schüler ist es jetzt das Lernen, die Weiterbildung, das Aneignen von Wissen.

"Lege", Lesen steht für den geistlichen Weg des Menschen. Dazu gehört die Bibel. „Meine Worte sind Geist und Leben“, sagt Jesus. Jesus möchte uns in ein geisterfülltes Leben hineinführen.

Ich denke da an die großen Windräder zur Energiegewinnung. Ora und Labora und Lege sind wie die Flügel eines Windrades. Wenn sich das Rad dreht, kann der Betrachter die drei Flügel kaum mehr unterscheiden. Sie bilden ein neues Bild, ein rotierende Scheibe, einen Kreis, ein Symbol der Verschmelzung.

Das Lager in der Mitte wäre das „ET“ das „UND“. Es hat allen Druck der Zentrifugalkraft standzuhalten. Und es offenbart sich gleichsam ein geistlicher Grundsatz: Die Umdrehungsgeschwindigkeit im Mittelpunkt des Lagers ist Null. Wer in die Mitte geht, der kommt zur kraftvollen Ruhe.

Abt Ambros, Predigt vom 21. März 2022 - BENEDICTITAG