„Kein Grund, nicht zuversichtlich in die Zukunft zu schauen“
Bundeskanzler a.D. Dr. Wolfgang Schüssel sprach bei Treffpunkt Benedikt vor 80 jungen Leuten sehr persönlich über seinen Blick auf die Geschichte und den christlichen Auftrag von Heute.
Der Wintersaal war dicht gefüllt, als Dr. Wolfgang Schüssel am 8. November beim Treffpunkt Benedikt sprach. Etwa 80 junge Leute waren gekommen, um den ehemaligen Bundeskanzler zu den christlichen Wurzeln Europas und aktuellen Herausforderungen für Kirche und Politik zu hören - Themen, die offensichtlich nicht nur ältere Menschen hierzulande umtreiben. Die Anwesenden konnten einen nachdenklichen, aber sehr hoffnungsfrohen Dr. Schüssel erleben, der sich mit seinen 80 Jahren als überzeugten „Possibilisten“ bezeichnet; bei Problemen Lösungen möglich zu machen, darum sei es ihm stets gegangen.
Aus einem reichen Erfahrungsschatz
Nach zwei Buchempfehlungen, das Stunden-Buch von Rainer M. Rilke und ein Werk von Br. David Steindl-Rast OSB zum Stundengebet, stieg Wolfgang Schüssel in die Geschichte seines Lebens ein, das dramatisch begann. Mitten im Bombenkrieg von 1945 sei seine Mutter mit ihm in Wien schwanger gewesen, nach dem Krieg habe dann Hunger geherrscht. In der Zwischenzeit habe sich vieles verändert, heute gehe es uns gut. Die Benediktiner und den hl. Benedikt – „eine spannende Figur“ – kenne er als Absolvent des Wiener Schottengymnasiums und durch Kontakte mit dem Stift Seckau schon lange. „Vieles steckt in der Regel des hl. Benedikt, etwa das Hören, gerade auch auf die Jüngeren, weil sie Dinge oft neu denken.“ Die Benediktiner hätten oft in dramatischen Situationen der Geschichte eine wichtige Rolle gespielt, was auch für die Klöster von heute mit ihrer Gelassenheit und dem rechten Maß gelte.
Eine unglaubliche Entwicklung
Schüssel nahm die großen Linien der Geschichte in den Blick und konstatierte darin eine unglaubliche Entwicklung, etwa durch die Zunahme von Wissen und Gesundheit. Es gibt überhaupt keinen Grund, nicht zuversichtlich in die Zukunft zu schauen! Insbesondere die christliche Zuversicht gebe das Vertrauen, dass uns die nötigen Kräfte in kommenden Herausforderungen zuwachsen. Dazu komme, dass wir als Christen den Auftrag hätten, an der Schöpfung mitzuarbeiten, sie zu gestalten und Gutes zu tun, um das Leben zu verbessern, auch angesichts starker gesellschaftlicher Veränderungen. Habe es früher in Österreich eine starke katholische Jugend und große Katholikentage gegeben, seien wir Christen heute eine Minderheit.
Auftrag an die Jugend: Den Glauben weitertragen
Nachdenklich mache ihn, dass sich der Philosoph Jürgen Habermas vor kurzem kritisch zu einem „Christentum light“ geäußert habe. Gerade die jungen Leute sollten daher seiner Meinung nach den Glauben mit dem heutigen Wissen und der gegenwärtigen Mentalität weitertragen. Dafür brauche es einen international vernetzten Blick, dass das Christentum in vielen Teilen der Welt lebendig sei, wie er es etwa bei einem Ostergottesdienst in Peking 1995 so eindrücklich erlebt hat. Landläufig hieße es, dass mit dem Alter die Weisheit komme, doch für sich persönlich warte er noch, wie er etwas verschmitzt sagte. „Auf der internationalen Bühne sind Menschen in vorgerücktem Alter nicht immer Vorbilder.“ Europa sei christlich geprägt und funktioniere gut, doch könnte es besser gehen, etwa durch den Einsatz junger Menschen. Für sie sieht er in der katholischen Soziallehre wichtige Anhaltspunkte, etwa das Prinzip der Subsidiarität. Es wäre wichtig, so Schüssel, europäisch und benediktinisch in christlichem Auftrag weiterzugehen.
Leuchtet also!
In diesem Sinne ermutigte Wolfgang Schüssel seine jungen Zuhörerinnen und Zuhörer, auf ihre Weise Salz der Erde zu sein, jeden Tag als Geschenk zu sehen und sich zu fragen, wen ich heute ein wenig glücklicher machen könnte. Er schloss seinen Vortrag mit Worten von Br. David Steindl-Rast: „Es ist eine dunkle Welt, doch wenn ihr ein wenig leuchtet, wird es heller.“ Schüssel zu den jungen Menschen: „Leuchtet also!“
Auf den langen Applaus folgte eine stille Zeit der Anbetung und Beichte, die Messe mit Abt Bernhard – P. Anselm hielt die Predigt – und ein gemütlicher Ausklang. Wolfgang Schüssel genoss es sichtlich, im Kreis der jungen Leute den lebendigen Gottesdienst mitzufeiern und sich mit ihnen auszutauschen. Noch lange standen Interessierte bei Dr. Schüssel, um mit ihm zu diskutieren.
Ins Gästebuch des Stiftes schrieb Dr. Wolfgang Schüssel sehr persönliche und berührende Worte: „Ein beeindruckendes Erlebnis – diese großartigen jungen Menschen zu erleben und einen innigen und inspirierenden Gottesdienst mit Ihnen und Abt Bernhard… So etwas macht wirklich ZUVERSICHT für die Zukunft unseres Landes und den christlichen Glauben! Herzlichst, Wolfgang Schüssel“
Treffpunkt Benedikt ist ein Angebot des Stiftes Kremsmünster für junge Leute bis 35 Jahre, um den Glauben zu vertiefen und Gemeinschaft zu erleben. Das Motto in diesem Jahr lautet „Gott Suchen“ – der Wahlspruch von Abt Bernhard. Am ersten Samstag im Monat lädt das Kloster am Nachmittag ein zu Austausch, Input, geistlichem Programm und gemütlichem Get-together; darüber hinaus gibt es einen eigenen Ball, gemeinsame Reisen und vieles mehr. Alle Infos auf https://treffpunkt-benedikt.net/