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26. November 2020

Zeit der Hoffnung

Impulse und Gedanken von Frater Anselm Demattio und Diakon Benjamin Bößenroth zum Beginn des Advents.

Frater Anselm Demattio stift kremsmuenster

Impuls von fr. Anselm zur Adventszeit

Heuer ist alles anders. Viele Dinge, die für uns zum Advent dazugehören, können nicht oder nur in reduzierter Form stattfinden: Weihnachtsfeiern, Adventmärkte, der Nikolo... Außerdem weiß keiner, wie lange die Maßnahmen noch wirklich dauern werden. Die Einschränkungen fordern uns heraus, machen uns vielleicht traurig oder bereiten uns echt existenzielle Sorgen. Trotzdem können wir jetzt im Advent diese Situation als Chance sehen, uns zu fragen: Was ist uns denn wirklich wichtig? Welcher Verzicht ist schmerzhaft und welcher nicht? Und ja, was ist eigentlich meine tiefste Hoffnung und wo findet sie Erfüllung?

Die Krise zeigt überdeutlich, dass wir trotz unseres Wohlstands voller Erwartungen und ungestillter Wünsche sind. Wie sehnen wir uns jetzt doch nach Sicherheit, guten Aussichten für das neue Jahr, Begegnungen mit Freunden, die Ankunft des endlich vorgestellten Impfstoffes...

Angesichts dessen ist die Botschaft des Advents heuer aktueller denn je. Denn statt um Glühwein und Kekse geht es in den Wochen vor Weihnachten genau um diese Frage nach der Hoffnung und der Sehnsucht. Der Advent sagt uns da eine große Verheißung zu: Kein Geringerer als Gott selbst möchte in Christus in unserem Leben ankommen und mit seinem Frieden unsere Sehnsucht stillen. Da sich diese Ankunft oft gerade im Unscheinbaren ereignet, sind wir eingeladen, wachsam und aufmerksam zu sein. Zum Beispiel, wenn uns ein lieber Mensch eine Geste der Zuwendung schenkt oder wir uns in einem Moment dankbar ganz in Gottes Hand geborgen wissen. Der Advent ist die Zeit, das Unerwartete, ja im Kommen Christi Alles, erwarten zu dürfen. Haben wir also Mut! So können wir heuer den Advent ganz anders, ganz neu und ganz bewusst erleben.

Impuls von Benjamin Bößenroth

Diakon Benjamin Bößenroth, der seit 2013 mit dem Stift in freundschaftlicher Verbindung steht, war eingeladen, um beim Gottesdienst von Mehrwert Glaube am 27. November die Predigt zu halten. Seine Gedanken und Impulse hat er nun niedergeschrieben.

Liebe Mitsuchende nach der Wahrheit!

“We’re about to go into a dark winter. A dark winter” (dt. “Wir sind dabei in einen dunklen Winter zu gehen. Einen dunklen Winter“) – Das sind die Worte des Katholiken und 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Mit dieser Aussage bezieht er sich auf die allgegenwärtige Corona Pandemie, die uns den zweiten „Lockdown“ in Österreich beschert hat.

„In jenen Tagen, nach jener Drangsal, wird die Sonne verfinstert werden und der Mond wird nicht mehr scheinen“ (Mk 13,24). Auch hier: Dunkelheit! Doch dieses Mal sind es die Eingangsworte des Evangeliums zum ersten Advent 2020.

Dunkelheit steht in unserer Bilderwelt für das Schwinden von Freude. Freude, die wir empfinden, wenn wir beispielsweise geliebte Menschen treffen. Wenn wir in ein soziales Netz eingebunden sind. Wenn wir Leben!  Ist also der Preis dafür sich nicht mit dem Corona-Virus zu infizieren, das zu veräußern, was uns als Menschen ausmacht?

Es fühlt sich alles nach einer Endzeit an. Auch der Roman „Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende beschäftigt sich intensiv mit dem Ende einer Welt. Und auch hier ist die Bildersprache des hilflos ausgeliefert Seins verbunden mit Dunkelheit. Nachdem der Jäger Atréju den Wolf besiegt hat, der ihn verfolgte, wartet er darauf vom Nichts verschlungen zu werden – mutlos. Ganz Phantásien bricht dabei Stück für Stück auseinander und was vom Nichts erfasst wird, verschwindet in Dunkelheit.

Als das Nichts nahezu alles verschlang, wird Bastian als Leser des Buchs „Die unendliche Geschichte“ in dasselbe gezogen. Im Dunkeln kommt es zu folgendem Dialog zwischen der kindlichen Kaiserin und ihm: „Ein Sandkorn“, antwortete sie. „Es ist alles, was von meinem grenzenlosen Reich übriggeblieben ist. Ich schenke es dir.“ Und das Sandkorn fängt an zu glimmen und glitzern und Phantásien entsteht von Neuem. Nur durch den Mut von Bastian wird das Nichts zurückgedrängt und neue Abenteuer können beginnen.

Wie in Endes Geschichte, fordert das Virus und die Maßnahmen zur Eindämmung uns Christen heraus. Liebe deinen Nächsten, aber was bedeutet das in der gegenwärtigen Situation? Zu viel Nähe kann uns mit einem tödlichen Virus infizieren – zu wenig Nähe lässt uns aus Einsamkeit krank werden. Es ist wie das Nichts – geruchlos, geschmacklos und gefährlich. Und dort, wo wir uns voneinander entfernen, wird es dunkel.

Ich glaube, dass wir Christen hier und jetzt dazu berufen sind mutige, phantastische und intelligente Ideen zu entwickeln, um mit den Möglichkeiten dieser Zeit in Kontakt zu bleiben, ohne das Leben unseres Nächsten zu gefährden. Es ist jetzt nicht die Zeit sich mutlos hinzulegen und zu darauf zu warten, dass uns das Nichts verschlingt. „Er soll euch, wenn er plötzlich kommt, nicht schlafend antreffen.“ (Mk 13,36).

Und am Ende des dunklen Winters steht die Geburt eines Lichts – unseres Hoffnungsspenders und Mutmachers – Jesus Christus. Er, der Herrscher über die ganze Welt, hat ganz klein begonnen – als Kind in der Krippe. Vielleicht können wir in diesem dunklen Winter selbst zu Samenkörnern werden – zu Licht und Hoffnungsträger für unsere Mittmenschen.

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Benjamin Bößenroth trat 2013 mit unserem Kloster in Kontakt. Anlass war, dass er mit seiner Frau Viktoria ein Sabbatjahr in der Diözese Barreiras beim Nachfolger von Bischof Richard in Bahia, Brasilien machen wollte. Dadurch verstärkte sich der Kontakt mit unserem Kloster und Benjamin und Viktoria kamen immer wieder nach Kremsmünster zu Treffpunkt Benedikt und auch zu Mehrwert Glaube. Benjamin wurde 2019 zum Ständigen Diakon geweiht, ein Dienst, den er ehrenamtlich neben seinem Beruf im IT-Bereich ausübt. Seinen Diakonatsdienst versieht er im Pfarrverband Reischach bei Altötting, Diözese Passau, Bayern. Inzwischen ist er Vater von zwei Buben. Wir sind dankbar für seine Mitarbeit bei uns in Kremsmünster.

Auf dem Bild ist er mit seinen beiden Söhnen Noah (li) und Michael (re).

Diakon Benjamin Bößenroth