Skip to main content
18. Februar 2019

Die Aktualität der frühen Mönche

Im Gespräch zwischen der ORF-Journalistin Brigitte Krautgartner und P. Bernhard Eckerstorfer wurde deutlich, wie viel uns die Wüstenväter heute zu sagen haben. Bischof Maximilian Aichern: „Mich haben diese Weisheiten durchs Leben begleitet.“ Bericht, Audiodateien und Bilder.

Das Buch „Kleine Schule des Loslassens. Mit den Wüstenvätern durch den Tag.“ war Anlass für die Präsentation im Wintersaal des Stiftes Kremsmünster. In seiner Begrüßung wies Abt Ambros vor 120 Gästen darauf hin, dass uns die Wüstenväter mit ihren kurzen prägnanten Weisheiten in eine Schule des Lebens im Alltag schicken.
Von der Aktualität der Texte zeigte sich auch Brunhilde Steger vom Tyrolia-Verlag beeindruckt, denn der rechte Umgang mit den eigenen Leidenschaften oder die Schwierigkeiten mit Tod und Sterben haben nach wie vor große Lebensrelevanz. Dabei stellte sie mit Freude fest, dass das Büchlein mit seinen kurzen Erzählungen ein guter Begleiter im Alltag und speziell in der Fastenzeit sei.

Umgang mit Leidenschaften
„Sind Leidenschaften automatisch schlecht?“ Mit dieser etwas provokanten Einstiegsfrage eröffnete Brigitte Krautgartner ein interessantes Zwiegespräch. „Die Wüstenväter“, so Eckerstorfer „brannten für Gott und deshalb zogen sie auch Menschen an. Doch schlechte menschliche Neigungen waren ihnen nicht fremd und sie zeigen uns einen Weg mit ihnen umzugehen.“

Humor der Wüstenväter
Während seiner jahrelangen Beschäftigung mit den Wüstenvätern habe er auch ihren Humor schätzen gelernt, eine Eigenschaft, die vor allem für Papst Franziskus besonders wichtig ist, so P. Bernhard. Als Beispiel dafür erzählte er mit viel Enthusiasmus „Die Frau im Fass“, die dem Publikum nicht nur ein Lachen entlockte, sondern auch zeigte, mit wie viel Verständnis und Fingerspitzengefühl diese weisen Mönche agierten, wie sehr sie nach dem Evangelium lebten und wie Menschen für Gott gewonnen werden können. Texte wie „Die Weisheit der Gießkanne“ begeistern die Wiener ORF-Redakteurin, die bekennende Hobby-Gärtnerin ist. „Anhand der Natur zeigen uns die Wüstenväter, wie wir die Dinge im Alltag Schritt für Schritt erledigen können und so nicht in der Hektik des Lebens untergehen“, so Eckerstorfer.

Autofahren mit den Wüstenvätern
Auf die Frage des Autors, warum er bei den Radiosendungen, aus denen das Buch entstanden ist, immer nur ganz kurz schreiben dürfe und die Sendungen so kurz seien, reagierte die Journalistin mit einem Schmunzeln und einem biblischen Zitat und meinte: „Sprich nur ein Wort! Mönche stehen wahrscheinlich schon um halb drei Uhr früh auf und haben dann ewig Zeit, aber normale Menschen haben es in der Früh eilig, sie stehen im Stau und haben Alltagsdinge im Kopf. Die Gedanken für den Tag und die Morgengedanken sollen die Hörerinnen und Hörer zum Nachdenken anregen, wie ein Dominostein, der umfällt und alles verändert. Die Geschichten berühren die Menschen, können sich im Tag fortsetzen und der Geist kann dann wirken. Das ist schließlich sein Job.“

Wüstenväter im Glückskeks
P. Bernhard, der neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit auch Lehrer am Stiftsgymnasium ist, hat im Wahlpflichtfach Religion mit seinen 17-jährigen Schülerinnen und Schülern Sprüche der Altväter gelesen und sie interpretieren lassen. Die Aussage einer Schülerin über das rechte Maß beeindruckt ihn, die meint: „Ich bin bei so vielen Vereinen, dass ich lernen muss, die Neigung zu manchen Sachen abzuschneiden, damit ich das Wichtige machen kann.“ Ein anderer Schüler interpretiert einen Spruch, der das Lob behandelt so: „Nur zu loben, ist auch gefährlich, denn man kann abheben und blendet Negatives einfach aus.“ Die Journalistin meinte daraufhin: „Die Sprüche gehören eigentlich in ein Glückskeks!“

Potenzial der Wüstenväter heute
Zum Abschluss erzählte Krautgartner, wie wichtig das Narrative für die Hörerinnen und Hörer im Radio sei. Denn manchmal hätten Menschen Probleme mit der Religion. „Geschichten aber machen nicht wütend, sie erzählen von Menschen oder von Vergangenem, man wird dabei nicht belehrt, man kann sie akzeptieren. Darin stecke auch das ungeheure Potenzial der Texte, da sie über das rein Religiöse hinausgehen“, so die Journalistin.

Unter den Besuchern war auch Bischof Maximilian Aichern, der spontan das Wort ergriff. Er dankte P. Bernhard in seinem Schlusswort für sein literarisches Schaffen, das den Frieden, die Verbindung mit Gott, das Gebet, die Betrachtung, den Dialog und die Bildung in den Mittelpunkt stellt. Die Einzigartigkeit der Wüstenväter liege seiner Meinung nach in ihrer Lebensform, durch die sie tief in sich hineinblickten und deshalb Weisheiten für alle sprechen konnten. „Mich begleiteten die Weisheiten der frühen Mönche ein Leben lang. Gerade als Abt und dann als Bischof schaute ich öfter in ein Buch mit Sprüchen der Wüstenväter, zeitweise habe ich davon gelebt“, bekannte der 87-jährige Benediktiner.

Musikalisch umrahmt wurde die gelungene und stimmungsvolle Veranstaltung vom Klavierspiel der Stiftsorganistin Ingrid Achleitner und P. Altman Pötsch an der Violine.

Text: Theresia Obermair

Eine neue Reihe von Radiosendungen von P. Bernhard über die Wüstenväter bringt der ORF auf Ö2 von 17.-23. Februar in den Morgengedanken, jeweils um 5:40 Uhr.
P. Bernhard wurde zum Thema „Wüste“ für ein Projekt der Katholischen Akademie Berlin interviewt: http://www.alpha-omega-letters.de/wustenerfahrung.html