Mein Jahr in Neuseeland als Rotary Austauschschülerin

Ein ganzes Jahr in Worten zu fassen ist schwerer als erwartet.
Es ist nämlich nicht nur ein langer Urlaub oder eine Sightseeing Tour, es ist ein zweites Leben.
Als ich meine Familie das letzte Mal in den Armen hatte, realisierte ich nicht, dass ich jetzt ein ganzes Jahr auf mich alleine gestellt bin. Natürlich hatte ich Hilfe von meiner Organisation Rotary, meiner Gastfamilie und auch Unterstützung von daheim, aber im großen und ganzen ist man alleine.
Du selbst hast zu entscheiden, was du aus diesem Jahr machst, wie viel du lernst, wie weit du dich aus dem Fenster lehnst, um wirklich ein Teil deiner Gastfamilie beziehungsweise der fremden Kultur zu werden.
Aber jetzt noch einmal zum Anfang:
Kurz nach meinem 16. Geburtstag, am 28.07.2017, bin ich von Wien abgereist.
Nach einigen langen Flügen von London über Dubai bis nach Sydney bin ich letztendlich in Auckland, der größten Stadt in Neuseeland angekommen.
Nach einer weiteren dreistündigen Fahrt in den Norden habe ich meinen Heimatort Whangarei erreicht und habe dort meine erste Gastfamilie kennengelernt.

Ich bin bei einer vierköpfigen Familie gelandet, ich hatte zwei Gastschwestern in meinem Alter.
Doch um ehrlich zu sein, waren meine ersten beiden Monate nicht die besten, da meine Gastfamilie mich nicht integriert hat, sondern mich eher als Putzhilfe betrachtet und mich auch dementsprechend behandelt hat.
Doch da man mit Rotary sowieso mehrere Gastfamilien hat, konnte ich zum Glück wechseln. Insgesamt war ich bei vier verschiedenen Familien. Mit meinen letzten beiden habe ich mich besonders gut verstanden und der Abschied ist sehr schwer gefallen.
Wenn du dich bei deiner Gastfamilie wohl und akzeptiert fühlst, dann ist der Aufenthalt gleich viel angenehmer, da es immer besser ist als Familienmitglied gesehen zu werden anstatt als Fremde.
Ein weiterer großer Teil des Austausches ist die Schule. Ich bin auf die "Whangarei Girls' High School" gegangen. Und es war alles anders, angefangen mit der Schuluniform, die Pflicht ist, und die Tatsache, dass nur Mädchen auf der Schule sind, ist auch ausschlaggebend. Doch auch das Schulsystem ist sehr verschieden von unserem. Man hat keinen festen Stundenplan wie in Österreich, sondern ab dem 11. Schuljahr, welches äquivalent zu unserer 6. Klasse ist, kann man seine Kurse frei wählen. Und davon hat man nur sechs, die dafür jeden Tag. Das bedeutet, man wird nicht allgemein gebildet, sondern man muss schon sehr bald entscheiden, welche Richtung man einschlägt.
Auch Test und Schularbeiten, die „Exams“, sind nicht wie in Österreich während des Unterrichts. Es gibt zwei Arten: zum einen die „Internals“ und dann noch die „Externals“. Internals werden schon während des Unterrichtes gehalten, aber nicht über mehrere Stunden auf einmal, sondern immer nur in den zugehörigen Klassen und das dann über eine Woche. Die Externals haben nur die Seniors, also Schüler ab Jahrgangsstufe 11. Die werden im ganzen November abgehalten, das bedeutet, man bekommt die sogenannte „study leave“ und kommt nur dann in die Schule, wenn man ein Exam hat.
Die Benotung ist auch anders, man sammelt sogenannte "Credits"; diese bekommt man bei den Internals, Externals und auch wenn man Vorträge oder etwas Spezielles leistet. Wenn man die Credit-Anzahl für den Aufstieg in die weitere Schulstufe erreicht hat, kann man zum Beispiel auf die Externals verzichten und die Sommerferien früher starten.
Wie gesagt ist das Schulsystem sehr unterschiedlich und es braucht eine Weile, bis man sich daran gewöhnt. Doch was ich sagen kann: Akademisch ist Österreich viel anspruchsvoller als Neuseeland.
Nach einem halben Jahr Schule haben ab November meine Sommerferien begonnen und da habe ich meinen großen Südinsel-Trip mit Rotary bestritten.
Mit meinen RYE (Rotary Youth Exchange)-Freunden sind wir auf einem zweiwöchigen Road Trip gewesen, bei dem wir uns die schönsten Orte der Südinsel angesehen haben. Und Neuseeland hat viel zu bieten. Vom sonnigen Nelson an die wilde Westküste hinunter ins wunderbare Wanaka, zum geschäftigen Queenstown und auf der Ostküste wieder hinauf nach Christchurch.
Es waren zwei wundervolle Wochen, in denen ich mehr von Neuseeland gesehen habe als mancher "Kiwi" (so nennen sich die Neuseeländer).
Aber ich habe nicht nur die Südinsel bereist, sondern habe mich auch bemüht, so viel wie möglich von der Nordinsel zu sehen. Das ist mir gut gelungen. Ich war sehr oft in Auckland, da viele meiner Freunde dort stationiert waren, aber ich war mit meiner Gastfamilie auch für zwei Wochen in Rotorua und Umgebung, auf Inseln wie Weiheke Island, und natürlich habe ich mir die Hauptstadt Wellington ansehen müssen. Ich kann bestätigen: Wellington ist nicht umsonst als der Ort bekannt, der die beste Lebensqualität der Welt hat.
Aber ich muss zugeben, mein Aufenthaltsort war auch nicht gerade schlecht. Ich hatte für ein Jahr das Meer direkt vor mir und die Landschaft auf der Tutukaka Coast ist einfach unglaublich.
Ich habe viel in diesem Jahr gelernt. Ich bin viel selbständiger geworden und ich habe gelernt wichtige Entscheidungen selbst zu treffen, weil man nicht einfach zu Mutter oder Vater laufen und um Rat fragen kann. Auch habe ich gelernt, für mich selber gerade zu stehen und nicht einfach alles so hinzunehmen, wie man es serviert bekommt. Aber das beste, was ich aus Neuseeland mitgenommen habe, sind all meine Erinnerungen und Erlebnisse und natürlich auch meine Freunde fürs Leben, weil mein Austauschjahr in Neuseeland mir keiner mehr wegnehmen kann.

Rena Aumüller, 7. Klasse

Die international Schülerinnen der WGHS

Neuseeland

Mit meinen RYE Freunden auf der Südinsel