Avanti Latini, auf ins Friaul!

Das Fortbildungsbudget, das die österreichischen Gymnasien zur Verfügung haben, ist knapp. Die Arbeitsgemeinschaft Latein am Stiftsgymnasium griff zur Eigeninitiative:

Daher begaben uns wir, fünf Lateinkollegen und –kolleginnen, vom 20. bis zum 23. Juli auf eine viertägige Exkursion nach Friaul. Nach einer kurzen Mittagspause in San Daniele (klarerweise mit Prosciutto-Verkostung) bezogen wir unser Quartier in Aquileia: ein Agriturismo gleich hinter dem Ausgrabungsgebiet. Am ersten Abend besuchten wir Grado, den traditionsreichen Badeort. Wir streiften durch die historische Altstadt, besichtigten die Kirchen Sant‘ Eufemia und Santa Maria delle Grazie und genossen das Flair Alt-Österreichs – und anschließend im Restaurant „In Contrada“ typische Gradeser Spezialitäten.

Der nächste Vormittag war den Ausgrabungen Aquileias gewidmet. Mit Audio-Guides marschierten wir zum Forum, das genau im Zentrum der antiken Stadt, am Cardo Maximus, der Hauptverkehrsachse von Norden nach Süden, lag. Dann wanderten wir auf einem mit Zypressen gesäumten Weg, der sogenannten Via Sacra, um die freigelegten Hafenanlagen mit künstlichen Kanälen und Anlegestellen zu sehen. Im archäologischen Museum, das in einem herrlichen Garten mit hundertjährigen Bäumen, wie einer Libanon-Zeder gelegen ist, trafen wir unter anderem Kaiser Augustus, studierten die zahlreichen Grab-Inschriften, bewunderten das Bodenmosaik aus dem triclinium eines Hauses aus dem 1. Jh. v. Chr. und sahen uns auch die Sonderausstellung „Rom und Palmyra, zwei antike multikulturelle Weltstädte“ an. Als Zeugnis des christlichen Aquileia besichtigten wir schließlich die Patriarchalbasilika, deren Ursprung sich auf Bischof Theodorus um das Jahr 320 zurückführen lässt. „Heil dir, Theodorus, du wuchsest hier glücklich auf“ ist im ersten Joch der Nordhalle zu lesen. Beeindruckend das Fußbodenmosaik, das in geometrische Felder gegliedert ist und neben menschlichen Figuren eine Fülle von Tieren zeigt. Sowohl wegen des Alters als auch wegen seiner Ausdehnung von 1300 qm istt das Mosaik einzigartig und gehört natürlich zum Weltkulturerbe. Nach so viel Seh-, Hör- und Denkarbeit war eine Rast dringend nötig, bevor wir uns nach Cividale, in die Stadt der Langobarden, begaben. Sie machten im Jahr 568 die einstmals von Caesar gegründete römische Stadt Forum Iulii (namengebend für Friuli, Friaul) zum Zentrum ihres Herzogtums. Zeugnis davon gibt das gut erhaltene Gebetshaus der langobardischen Könige, der Tempietto Longobardo, heute im Kloster Santa Maria in Valle gelegen. Ein eindrucksvolles Beispiel der Verbindung von Architektur und Natur bietet der „Ponte del Diavolo“, die Teufelsbrücke, die in zwei Bögen den Fluss Natisone überspannt.

Am Samstag steuerten wir dem Osten zu. Gleich am Morgen begaben wir uns auf Vergils Spuren zu den Quellen des Timavus und ließen das Naturschauspiel der Karstquellen auf uns wirken, während wir die passenden Vergil-Verse aus dem 1. Buch der Aeneis lasen. Der nächste „locus amoenus“ folgte mit dem Schloss Duino, malerisch auf einem Felsen gelegen. Auf dem sogenannten Rilkeweg und im Schloss genossen wir die atemberaubende Aussicht und dachten während des Vortrags von Rilke-Gedichten (Koll. Karin Littringer) – an den Dichter, der hier seine Duineser Elegien begonnen hatte. Der Nachmittag gehörte der Hauptstadt der Region Friaul-Julisch-Venetien, Triest, die uns auf der eleganten Piazza dell’Unita empfing. Neben James Joyce, Italo Svevo und Claudio Magris interessierte uns natürlich das römische Theater. Im „Teatro Romano“ am Fuß des San-Giusto-Hügels hatten ca. 6000 Zuseher Platz. Danach wurden den Damen einige Shopping-Minuten gegönnt, und schon ging es weiter zum Schloss Miramare, das im warmen Licht der Abendsonne noch malerischer erschien. Das prunkvolle Innere, das die kaiserliche Würde der Bewohner zeigt und eine gewisse Schwere ausstrahlt, empfanden wir als reizvollen Gegensatz zum heiter-mediterranen Ambiente der Umgebung mit den hellen Felsen und dem intensiven Blau von Meer und Himmel.

Den Sonntag begannen wir in der Festungsstadt Palmanova; dann führte uns ein Abstecher nach Clauiano, in eines der schönsten Dörfer Italiens, mit originalgetreu renovierten typisch friulanischen  Häusern mit Steinmauern und an frühere Zeiten erinnernder Straßenpflasterung. Bevor wir die Grenze passierten, deckten wir uns maßvoll mit italienischen Spezialitäten ein und genossen schließlich in Tarvis unser letztes gemeinsames Mittagsmahl.

Zurück bleibt die Erinnerung an interessante, lehrreiche, doch absolut unbeschwerte und fröhliche Tage im Kollegenkreis, an die sicherlich alle Beteiligten gerne zurückdenken werden.

Karin Littringer und Wolfgang Leberbauer

An den Quellen des Timavus

Bei der Basilica Santa Eufemia in Grado

Am Forum von Aquileia

Vor dem Schloss Duino

Barbara Alscher und Karin Littringer vor dem Turm der Basilica von Aquileia

Dir. Wolfgang Leberbauer, Maximilian Leonhardmair und Alexander Starl beim Caesar-Denkmal in Cividale