
Verklärung Christi
"Auf das Ziel zu" – Predigt von Propst Johannes Holzinger zum Patrozinium der Stiftskirche.
Am 6. August feierten wir um 19 Uhr gemeinsam mit Gläubigen der Stiftspfarren den Gottesdienst zum Fest der Verklärung des Herrn. Coronabedingt war das heuer nur in kleinerem Rahmen möglich. In Vertretung der vielen im Glauben Verbundenen kam aus jeder Stiftspfarre eine kleine Delegation. Tradionellerweise stand Propst Johannes Holzinger aus dem Stift St. Florian dem Festgottesdienst vor. Hier ist seine Predigt zum Nachlesen.
Auf das Ziel zu
Wir waren auf einem ganz hohen Berg. Viele haben sich ungeheuer angestrengt. Es hat uns mitgerissen in diesem Strom von immer höher, immer mehr, immer schneller, alles zugleich. Manche sind höher gestiegen als bis zum Gipfel und es reichte ihnen immer noch nicht. Es gab Events, uneingeschränkt, Veranstaltungen in jeder Größe, je mehr mega und XXL, desto besser. Wir waren auf einer ungeahnten Höhe von Möglichkeiten, jederzeit überall hinfliegen zu können, fast so billig wie mit der Almtalbahn von Grünau nach Wels.
Derzeit schaut es nicht so aus, als ob die Versuche Erfolg haben könnten, am schon erreichten Gipfel wieder anzuknüpfen und weiter zu steigen ins grenzenlose Wachstum, koste es, was es wolle. Andere wieder wollen das genau nicht, dass es wieder so wird wie vorher. Was wissen wir derzeit überhaupt? Beginnt die Schule wieder, brauchen wir uns noch Gedanken machen, wo wir hinfahren sollen? Jemand erzählt mir von einem Arbeitskollegen, der beruflich nach Südkorea fliegen musste, 12 Stunden im Flieger mit Maske, am Ziel CoVid 19 Test, dann zwei Tage in einem engen Kammerl in Quarantäne. Danach wurde er vom Flughafen zur nächsten Bushaltestelle gefahren und dort ausgesetzt.
Es geht uns so wie den Jüngern beim Abstieg vom Berg Tabor. Herunter von den Höhen der außergewöhnlichen Erlebnisse, in den Alltag, in die Normalität, aber in welche! Es hilft keine Flucht in eine verklärte Realität, eine verklärte Wahrnehmung, auch keine verklärte Nostalgie.
Unsere christliche Realität ist eine andere. Dieses Ziel, der klare Blick, auf das was ist, und auf das, was kommt, ist nicht allen zuzumuten. Es gibt ein Ziel und davon darf uns auch der siebenseiderne Spruch vom Weg, der das Ziel sein soll, nicht abbringen. Was uns Gott immer wieder schenkt, sind Ausblicke, Einsichten, ein Aufleuchten, ein Mutmachen, ein Aufmuntern. Verklärung ist so eine Aufmunterung Gottes. Es ist ein Fest für Menschen auf dem langen Weg, hier in Kremsmünster schon seit 777. Es ist immer ein Weg bergauf, dann wieder bergab. Aber es geht dem Ziel entgegen: es ist Jesus, der geliebte Sohn des Vaters. Auf ihn sollen wir hören. Das genügt. Das ist alles: Jesus allein. Auch wenn das Ziel noch nicht festzuhalten ist, es ist uns der Weg gewiesen, wenn er steil und mühsam wird, wenn wir überhaupt nicht wissen, ob es einen Weg gibt, und ob wir am Ziel ankommen.
Damit das nicht lose Behauptung ins Blitzblaue bleibt, führt der Evangelist Zeugen an: die Apostel, die dabei sein dürfen und Mose und Elija mit ihren Gotteserfahrungen, mit ihren Fragen und Zweifeln. Oder wie sich Mose einer großen Volksmenge gegenübersieht, die erst verpflegt und mit Wasser versorgt werden muss. Genauso wie bei Elija, da ist auch nicht alles Jubel und Halleluja, sondern er muss erst durch diese Erfahrungen, dass einem nichts mehr bleibt als Wüste, Dürre, Hitze und ein Ausgehungertsein, das so weit geht, dass ihn der Engel zweimal auffordern muss, zu essen, um wieder zu Kräften zu kommen.
Es geht auf ein Ziel zu. Das sagt uns auch die Lesung aus dem Buch Daniel. So wie auf dem Berg die Apostel, dürfen wir einen Einblick tun dorthin, wo Gott wohnt. Dass das ein Gerichtssaal ist, darf stehen für das Gefühl der Menschen, dass es im Anblick Gottes ums Eingemachte geht, um die ganze Wahrheit, wo alles am Tisch liegt und alles ans Licht kommt, was wir gern verstecken und womit wir nicht herausrücken. Gott wird geschildert als Hochbetagter mit schneeweißem Gewand und ebensolcher Haartracht. Sonst wird im Alten Testament ja peinlich vermieden, Gott so menschlich zu beschreiben. Aber Johannes schreibt in der Geheimen Offenbarung ähnlich über Gott. Und das hat die christliche Darstellung und Vorstellung von Gottvater nachhaltig geprägt.
Einerseits Beschreibungen, die die Fremdheit Gottes, sein Geheimnis, sein Anderssein beschreiben. Dann doch wieder menschlich. Und darauf läuft es hinaus: auf den Menschensohn, auf den Gott, der sich in Jesus uns ganz – ganz – menschlich zeigt und nahekommt. Wenn Gott schon selber ihn präsentiert und wieder – so wie bei der Taufe am Jordan – darauf hinweist, dass +ER der ist, auf den wir hören sollen und in dem wir auch seine geliebten Söhne und Töchter sind, was braucht es dann noch? – über das hinaus, was uns Jesus bringt: Jesus allein!
Und haben wir nicht genug mit +IHM ALLEIN: die Verbundenheit mit ihm, seine Nähe, sein Wort, die Eucharistie, seinen Heiligen Geist, sein DA-SEIN in den Feiern, den Sakramenten, in den Menschen, die uns begegnen. Und bei allem, was uns in der Kirche begegnet, ist nichts Tragisches mehr mit Jesus allein. Und bei schwierigen Mitmenschen, die auf uns zukommen: Jesus allein! Und auch bei denen, die auf uns zukommen, weil sie der Nähe bedürfen, die ihnen sonst niemand zeigt, die etwas brauchen von uns, gilt die Maxime: Jesus allein.
Das sind keine klug ausgedachten Geschichten, wie uns die zweite Lesung sagt, sondern Berichte von Zeugen. Sie sind ernstzunehmen. Auch die Zeugen, derer wir in wenigen Tagen gedenken, die für Jesus durchs Feuer gingen, wie Franz Jägerstätter, Edith Stein oder der Diakon der Armen in Rom, Laurentius. Auch die Zeugen sind zu hören, die in neuer Weise auf Gott aufmerksam werden, wo Gott auf immer neue Weise auch in unsere Zeit hineinspricht, dass wir vom Gipfel nicht noch abheben, sondern mit der Stimme Jesu im Ohr gut wieder herunterkommen.
Dass wir uns, dass wir es Gott zugestehen, wer unsere Wege und Ziele definiert und uns damit auf den richtigen Weg, zum Ziel bringt.